2016.03.15 (Diplomarbeit) Leben und arbeiten im Kollektiv



Seit 6 Jahren studiere ich nun schon Gestaltung. Die Frage, was danach kommt, hat mich schon immer kirre gemacht, und lässt sich nun, da der Abschluss naht, immer weniger verdrängen. Ehrlich gesagt, habe ich riesige Angst vor dem, was mir bevor steht. Mich auf einem Arbeitsmarkt wiederzufinden, auf dem ich nicht gebraucht werde. Mich von Praktikum zu Praktikum zu hangeln. Oder schlimmer noch: in einem schlecht bezahlten Job zu landen, der mir meine Kreativität für Immobilienwerbung und Pizzaflyer abzapft. Die Großstädte quellen über vor kreativen Köpfen. Und hier in Mecklenburg hat niemand Geld für gute Gestaltung. Jedenfalls nicht die »guten« Kunden, deren Produkt man auch moralisch vertreten könnte. Das ist die Grunderfahrung, die ich als Gestalterin mache: ich werde nicht gebraucht, ich werde schlecht bezahlt, ich stehe immer in Konkurrenz, ich möchte sinnvolle Projekte machen, aber dafür wird kein Geld ausgegeben.
Ich habe mich oft gefragt, ob meine Ängste übertrieben sind. Ob meine Ansprüche zu hoch sind. Ob ich gar zu faul bin, weil ich nicht am Wochen ende arbeiten und keine 60 Stunden-Wochen möchte. Ob ich zu unrealistisch bin, wenn ich nur Projekte anfassen möchte, die auch sinnvoll für Mensch und Umwelt sind. Aber meine Zweifel sind keine bloß persönlichen, sondern auch die meiner Generation. Eine Möglichkeit diesen Ängsten entgegenzuwirken ist, sich mit anderen zusammenzuschließen. Gerade im Bereich der Gestaltung sollte man schauen, dass man die eigene Egozentrik überwindet und sich Arbeits und Lebensbereiche gemeinsam mit anderen schafft, die Kreativität fördern statt sie zu unterbinden. Vor diesem Hintergrund haben sich im vorletzten Jahr einige Kommiliton*innen und befreundete Gestalter*innen einschließlich mir zusammengefunden, um ein Kollektiv zu gründen. Dieses Kollektiv sollte für uns die Basis sein, eigenständig, gemeinsam und solidarisch Projekte zu realisieren, die sich zwischen Kunst, Design und Gesellschaftskritik bewegen. Auch in meinem weiteren Umfeld habe ich Gemeinschaften von Designer*innen und Kreativen wahrgenommen, die sich als »Kollektiv« bezeichnen. Anfangs habe ich mir keine Gedanken über diesen Begriff gemacht. Aber irgendwann habe ich mich gefragt, was das eigentlich bedeutet und was dahintersteckt.


Kontakt: Anne Schmidt / Download